VG Schleswig, 20.03.2002 – 21 A 243/02; SchlHA 2002, 166 (Leitsatz und Gründe) = ZAP EN-Nr. 640/02 (Leitsatz)

Die Rechtsanwaltskammer kann in ihrer Versorgungssatzung eine Pflichtmitgliedschaft für alle Berufsangehörigen in einem Versorgungswerk statuieren und ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der einzelnen hinsichtlich der Versorgung eine Beitragspflicht vorsehen. Die satzungsrechtliche Pflichtversorgung steht auch mit europäischem Recht in Einklang. Hinsichtlich der Beitragsbemessung steht dem Satzungsgeber ein gewisser Spielraum zu.

VG Meiningen, 25.06.2002 – 1 K 231/99 Me (Parallelentscheidungen: VG Meiningen, 25.06.2002 – 1 K 232/99 Me und 1 K 539/98 Me; letzere in ThürVBl 2002, 262 (Leitsatz und Gründe))

Die Pflichtmitgliedschaft und die damit verbundene Beitragspflicht in berufsständischen Versorgungswerken ist verfassungskonform. Die Satzung des Versorgungswerkes ist hinsichtlich der Vorschriften über die Beitragserhebung nichtig, wenn diese Vorschriften nicht eindeutig erkennen lassen, wie der Beitrag zu bemessen ist. Sie genügen nicht dem Bestimmtheitsgebot, wenn sie eine willkürliche Berechnung der Beiträge ermöglichen.

VGH Mannheim, 28.01.2003 – 9 S 872/02; NJW 2003, 2113 (Leitsatz und Gründe)

Es verstößt weder gegen die einschlägigen Regelungen des RAVersorgG BW als auch gegen Art. 3 I GG, einem Altanwalt, der an den vom Versorgungswerk angebotenen Versorgungsleistungen auf Grund einer anderweitigen privaten Vorsorge nicht teilhaben will, den späteren Zugang zur vollen Teilnahme an den Versorgungsleistungen zu verwehren. Eine Rückkehr zur Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk ist nur innerhalb der in der Satzung bestimmten Fristen möglich.

VG Ansbach, 02.06.2004 – AN 4 K 04.00008

Ein Rechtsanwalt hat gegen den Verwaltungsrat der Versorgungsanstalt keinen Anspruch auf Erhöhung der Versorgungsleistungen. Er hat allerdings einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erhöhung der Versorgungsleistungen, der jedoch nur insoweit besteht, als die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die finanzielle Lage der Versorgungsanstalt einen Spielraum für eine solche Entscheidung lassen.

BVerfG, 28.07.2004 – 1 BvR 159/04; NJW 2004, 2656 (Leitsatz und Gründe, mit Bespr. Offermann-Burckart, S. 2617) = DVBl 2004, 1245 (Leitsatz und Gründe) = MDR 2004, 1085 (Leitsatz und Gründe, mit Anm. Römermann, S. 1086)

Die nach den werberechtlichen Vorschriften der Berufsordnung für Rechtsanwälte erlaubten Informationsmöglichkeiten sind zu eng gefasst. Sie genügen nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und sind auch nicht zur Erreichung der mit ihnen verfolgten Gemeinwohlzwecke erforderlich. Daraus folgt, dass sachliche zutreffende Angaben über eine spezielle Qualifikation zulässig sind, solange sie keine irreführende Wirkung auf die rechtssuchende Bevölkerung haben.

BVerfG, 31.08.2004 – 1 BvR 1776/97

Die Aufhebung der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, die aufgrund der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk einer Rechtsanwaltskammer gewährt wurde, nach dem Ausscheiden des Versicherten aus der betreffenden Rechtsanwaltskammer, ist verfassungskonform. Art. 14 I GG ist nicht verletzt, da die durch Verwaltungsakt ausgesprochene Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht als solche nicht Gegenstand des Eigentumsschutzes sein kann. Zum anderen verfallen die im Versorgungswerk erworbenen Ansprüche mit dem Wiederaufleben der gesetzlichen Versicherungspflicht nicht. Von Verfassungs wegen besteht kein Wahlrecht zwischen dem Festhalten an einer freiwilligen Versorgung und der Ausschließung aller anderen Versicherungspflichttatbestände.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, 27.04.2007, 8 LA 29/07

Die Pflichtmitgliedschaft eines Rechtsanwaltes in einem berufsständischen Versorgungswerk sowie die Anordnung eines Mindestbeitrages sind verfassungsrechtlich zulässig. Eine satzungsrechtliche Ausnahme von der Erhebung eines Mindestbeitrages bzw. eine Herabsetzung der Mindestbeitragshöhe ist aus verfassungsrechtlichen Gründen bei unzureichendem Berufseinkommen und dadurch bedingter unzumutbarer Belastung eines Mitglieds nur dann notwendig, wenn in dieser Weise ganze Gruppen von Mitgliedern betroffen und deshalb einzelfallbezogene Härtefallregelungen nicht mehr hinreichend seien.
Eine Weiterverfolgung des Beitragsanspruches ist nur dann ausgeschlossen, wenn sie zu einer Existenzgefährdung des Mitglieds führen würde.
Grundsätzlich hängt die Beitragspflicht in einem berufsständischen Versorgungswerk nicht von der sonstigen individuellen Versorgungssituation des Mitglieds ab. Lediglich in Ausnahmefällen, und zwar zur Verhinderung einer unzumutbaren Überversorgung, ist zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit eine satzungsrechtliche Regelung geboten.

1 2 3 4 15